Programm

Bedřich Smetana Streichquartett Nr. 2 in d-Moll

Pavel Haas Streichquartett Nr. 2 („Von den Affenbergen“)

Leoš Janáček Streichquartett Nr. 2 für zwei Violinen, Viola und Violoncello („Intime Briefe“)


Pavel Haas Quartet



Tickets

Im Rahmen des vormittäglichen Konzerts wird das weltbekannte Pavel Haas Quartet drei grundlegende Werke der tschechischen Quartettliteratur interpretieren. Die Kompositionen Smetanas wie Janáčeks wurden von ihren Schöpfern jeweils kurz vor deren Tod geschrieben und können daher mit einer grundsätzlichen persönlichen Botschaft wie mit einer Kompositionssprache von höchster Reife aufwarten. Obgleich Janáček insbesondere Smetanas Opernwerk relativ kritisch gegenüberstand, wusste er seine Kammermusik sehr zu schätzen. Und gerade die Streichquartette stellen eine Verbindung zwischen den beiden ansonsten höchst unterschiedlichen Komponistenpersönlichkeiten her. Es handelt sich um emotional hoch angespannte Kompositionen, die mit musikalischen Mitteln die Schicksale ihrer Autoren schildern. Haas’ Streichquartett ist dagegen eine Illustration jungendlicher Leichtigkeit und Sorglosigkeit.

Bedřich Smetana (1824–1884) komponierte sein Streichquartett Nr. 2 in einem sehr tragischen Moment seines Lebens. Nach dem von unablässigen Pfeifgeräuschen in den Ohren begleiteten endgültigen Verlust seines Gehörs und weiteren Krankheiten, die sich auf seine seelische Gesundheit niederschlugen, machte ihm auch seine vollkommene gesellschaftliche Isolation zu schaffen. Sein zweites Quartett schrieb er 1882 und charakterisierte es selbst so, dass es „dort fortfährt, wo ‚Aus meinem Leben‘ endete, nach der Katastrophe; es stellt das Wirbeln der Musik in einem Menschen dar, der das Gehör verloren hat“. In seinem Stück spiegeln sich so das ganze Elend, die seelische Unruhe, die Melancholie, die glücklichen Erinnerungen und die nachlassenden Lebenskräfte eines genialen Schöpfers wider. Das interpretatorisch überaus anspruchsvolle Werk erklang erstmals am 3. Januar 1884 im Prager Konvikt und wurde in Anbetracht seiner musikalischen Neuartigkeit eher zurückhaltend aufgenommen. Heute zählt dieses Quartett zu den gewichtigsten Werken der tschechischen Kammermusik.

Das Streichquartett Nr. 2 für zwei Violinen, Viola und Violoncello „Intime Briefe“ von Leoš Janáček entstand 1928, im letzten Lebensjahr des Komponisten. Die Intimen Briefe bilden gewissermaßen einen musikalischen Gegenpol zu der umfangreichen Korrespondenz zwischen Leoš Janáček und seiner Muse Kamila Stösslová. Dies deutet auch die Konzeption des gesamten Werks an, also eine Art Dialog zwischen der ersten Violine und der Viola d´amore, die jedoch schon während der ersten Proben nicht mehr zu gebrauchen war und durch eine gewöhnliche Bratsche ersetzt wurde. Janáček konnte sein Werk noch vollenden und es sich bei Proben im Mai 1928 anhören, die Premiere erlebte er jedoch nicht mehr, da er am 12. August 1928 unerwartet verstarb. Die erste Aufführung für das Fachpublikum fand in der Interpretation des Mährischen Quartetts am 7. September 1928 in den Räumlichkeiten des Gesangsvereins Hlahol im Brünner Gemeinschaftshaus statt. Der breiten Öffentlichkeit wurde das Werk am 11. September 1928 im Rahmen der Ausstellung zeitgenössischer Kultur der Tschechoslowakei im Theaterbau des Brünner Ausstellungsgeländes präsentiert.

Janáčeks wohl begabtester Lieblingsschüler Pavel Haas (1899–1944) komponierte sein Streichquartett Nr. 2 („Von den Affenbergen“) im Jahr 1925, also nicht lange nach dem Abschluss der Meisterklasse bei Janáček. Es handelt sich um ein Werk voll jugendlichem Elan, melodischer Invention, ungewöhnlicher Klangeffekte, Musikalität und der Reflexion neuer Musiktrends, die damals meist aus Paris kamen. Haas komponierte sein Quartett unter dem Eindruck des sommerlichen Aufenthalts in einer „mährischen Landschaft“, die volkstümlich als Affenberge bezeichnet wird. Die einzelnen Sätze benannte er Landschaft, Kutsche, Kutscher und Pferd, Der Mond und ich und Seltsame Nacht. Die Premiere fand 1925 statt und löste außerordentlich heftige Reaktionen aus. Der Komponist wurde für alles kritisiert, was wir heute an seinem Werk bewundern, vor allem die Verwendung einer Jazzband, welche von einem der Kritiker als „Ungeheuerlichkeit“ gebrandmarkt wurde. Anerkennung für sein Werk fand der Autor erst nach der Prager Aufführung des Quartetts, wo er auf den Einsatz des Schlagzeugs im letzten Satz verzichtete. Wir jedoch werden das Werk in seiner ursprünglichen Version gerade mit den Perkussionsinstrumenten erleben können.

Jiří Zahrádka