Program

Zoltán Kodály Marosszéker Tänze

Erich W. Korngold Klaviersonate Nr. 3

Slavko Osterc Six petits morceaux

Leoš Janáček Im Nebel



Martin Kasík Klavier


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Das nachmittägliche Konzert im einzigartigen Ambiente der Villa Tugendhat umfasst Klavierwerke von Autoren, deren Herkunftsländer einst zur österreichisch-ungarischen Monarchie gehörten und nach dem Ersten Weltkrieg ihre Unabhängigkeit erlangten. Nicht nur die Kulturen dieser Länder waren vielfach miteinander verwoben, vielfach kreuzten sich auch die Wege der einzelnen künstlerischen Persönlichkeiten.

Zoltán Kodály (1882–1967) ist eine herausragende Persönlichkeit der ungarischen Musik, wenngleich er stets etwas im Schatten seines berühmteren Kollegen Béla Bartók stand. Wie Bartók widmete sich auch Kodály intensiv dem Sammeln von Volksliedern, welche einen grundlegenden Einfluss auf seine musikalische Sprache hatten. Aus seinem Werk wurden vor allem die Kantate Psalmus Hungaricus, die Oper Háry János oder die herausragenden Tänze aus Galanta bekannt. Bemerkenswert sind jedoch auch seine Klavierwerke, darunter die Marosszéker Tänze aus dem Jahr 1927. Hier handelt es sich um eine sehr effektvolle, in der Interpretation anspruchsvolle Komposition, die einerseits die ungarische Volksthematik in sich trägt, andererseits jedoch die aktuellen musikalischen Trends ihrer Entstehungszeit reflektiert.

Erich Wolfgang Korngold (1897–1957) wurde in Brünn im damaligen österreichischen Teil der Doppelmonarchie als Sohn des jüdischen Anwalts und einflussreichen Musikkritikers Julius Korngold geboren. Schon bald jedoch zog er mit seiner Familie nach Wien, wo er von Anfang an als musikalisches Wunderkind Aufsehen erregte. Sein Frühwerk wurde von den Größen der Wiener Musikszene wie Gustav Mahler, Alexander von Zemlinsky oder Richard Strauss bewundert. Aus dem jugendlichen Genie wuchs ein bedeutender Komponist heran, der vor allem mit seinem Opernschaffen Erfolge feierte, bevor er 1934 nach Hollywood ging, wo er sich überwiegend der Filmmusik widmete. Nach einem kurzen Intermezzo in Österreich im Jahr 1937 ließ er sich endgültig in Amerika nieder, wo er zu einem der gefragtesten Filmkomponisten Hollywoods avancierte. Wenngleich seine klare Musiksprache einige aktuelle Strömungen insbesondere der deutschen Musikszene (Richard Strauss) reflektierte, blieb er dennoch der musikalischen Spätromantik verhaftet. Diese findet auch in seiner Klaviersonate Nr. 3 aus dem Jahr 1931 ihren Niederschlag.

Der slowenische Komponist Slavko Osterc (1895–1941) war ein Schüler von Janáčeks Freund und Schüler Emerich Beran. Er kam 1925 nach Prag, um dort bei Vítězslav Novák, Karel Boleslav Jirák und Jaroslav Křička zu studieren. Schließlich widmete er sich bei Alois Hába auch dem Studium der Vierteltonkomposition. Nach Slowenien zurückgekehrt, unterrichtete er an der dortigen Akademie viele bedeutende slowenische Komponisten. Als bemerkenswerter Neuerer wurde er zu den Festivals der Internationalen Gesellschaft für neue Musik eingeladen, wo sein Werk sehr positiv aufgenommen wurde. Seine Six petits morceaux für Klavier entstanden ganz am Ende seines kurzen Lebens.

Den Klavierzyklus Im Nebel vollendete Leoš Janáček im April 1912. Kurz zuvor, im Jahr 1910, war er mit seiner Gattin und der Haushälterin in ein neues Häuschen im Garten der Organistenschule umgezogen, wo er, von der Welt abgeschirmt, mit angegriffenem Selbstbewusstsein und melancholischen Stimmungen hingegeben, sein letztes umfangreicheres Werk für Soloklavier komponierte. Sein Werk begann er, nachdem er kurz zuvor die Klavierwerke des französischen Komponisten Claude Debussy gehört hatte, und so ist es kein Zufall, dass sein träumerisches, melancholisches Werk Elemente des Impressionismus zeigt. Der Zyklus Im Nebel errang den ersten Preis in einem Kompositionswettbewerb des Klubs der Kunstfreunde, welcher die siegreiche Komposition hätte publizieren sollen. Janáček überließ diese Möglichkeit jedoch seinem Schüler Jaroslav Kvapil, dem zweiten Preisträger des Wettbewerbs. Der Zyklus Im Nebel erklang in der Interpretation Marie Dvořákovás erstmals am 7. Dezember 1913 in Kroměříž.

Jiří Zahrádka